Wann wird Selbstoptimierung eigentlich toxisch? Und kann die Selbstakzeptanz auch toxisch werden?
Gerade in den sozialen Medien ist der Trend der (ständigen) Selbstoptimierung präsenter denn je:
Und so wird sich und das Leben immer weiter optimiert.
Doch wo liegt denn die Grenze? Und wo bleibt dann noch Platz für Selbstakzeptanz?
In diesem Blogpost nehme ich dich mit in meine Gedankenwelt zu dem Thema!
Anlass für diesen Blogpost war erstmal gar nicht primär dieser "Trend", sondern vielmehr ein Artikel aus einer bekannten deutschen Wochenzeitung... Ein Artikel, in dem sich die Verfasserin ganz gegen das Thema Selbstoptimierung gerichtet hat. Aber ist das die Lösung? Oder besser: Was wollte sie damit erreichen? Meine Meinung: Dem Artikel wurde durch totale Pauschalisierung, veraltete Informationen in Bezug auf die Selbstoptimierung im Frauen / Männer Vergleich und viel mehr, die Kraft entzogen. Denn ihre Message an sich kann ich nicht 100% abschlagen (dazu dann später mehr).
Schauen wir erstmal, was Selbstoptimierung überhaupt bedeutet:
SELBSTOPTIMIERUNG = Die Entwicklung und Verbesserung in einem bestimmten Bereich - sei es persönlich, beruflich, körperlich, intellektuell… Damit geht das Setzen von Zielen, das Erlernen neuer Fähigkeiten, den Aufbau neuer Gewohnheiten und eben auch das persönliche Wachstum einher.
Was wollen wir damit erreichen? Persönliche Entwicklung, ein besseres Leben, harmonische Beziehungen, Vorankommen, usw…
Erstmal nicht schlecht und absolut richtig, denn wer immer macht, was er schon kann, bleibt immer der sein, der er schon ist. Und so entsteht schlicht kein Raum für Veränderung.
Brauchen wir denn Veränderung? Aus meiner Sicht ein klares: JA!
Nicht nur auf persönlicher Ebene: Stell dir mal vor, wir als Menschen/Menschheit hätten niemals irgendwas auf die (Selbst)Optimierung gegeben, vielleicht würden wir dann heute immer noch in Höhlen sitzen. Nein im Ernst: Wo würden wir stehen?
Oder auch Künsterl:innern, Sportler:innen usw. - wenn davon NIE jemand das Bedürfnis gehabt hätte, sein volles Potenzial zu entfalten und sich zu verbessen, würde es heute wohl kaum Kunstausstellungen, volle Stadien & Co. geben.
Dazu gehört auch die Selbstverwirklichung zu einem menschlichen Bedürfnis...
Selbstverwirklichung wird oft als ein grundlegendes Bedürfnis des Menschen betrachtet. Es bezieht sich auf den Prozess, sein volles Potenzial zu entfalten, seine persönlichen Ziele zu erreichen und ein erfülltes Leben zu führen. In der Psychologie wird Selbstverwirklichung oft als höchste Stufe der Bedürfnispyramide nach Maslow (sozialpsychologisches Modell) betrachtet.
Und guess what? Selbstverwirklichung geht nicht ohne Selbstoptimierung.
Allein aus diesen Punkten kann man schlicht nicht sagen, dass Selbstoptimierung grundlegend schlecht ist.
Ich versuche Menschen und Gedanken aber gerne zu verstehen und zum Teil konnte ich eben (hoffentlich) den Gedanken der Verfasserin nachvollziehen. Es muss nämlich nicht immer darum gehen besser und besser zu werden. Es kommt ganz auf die Motivation bzw. das Motiv dahinter an.
Warum möchtest du dich selbst optimieren? Weil du dich, so wie du bist, ablehnst? Weil du dich lieber in die Optimierung stürzt, um dich nicht mit dir auseinandersetzen zu müssen? Weil du dir dann das große Glück erhoffst? Immer wieder wegläufst - von deinem Leben? Hoffst du auf Anerkennung von Außen? Machst du Sport, weil du deinen Körper hasst oder um ihm Liebe & Aufmerksamkeit zu schenken? Oder vielleicht fühlt du dich auch einfach nicht wertvoll genug, wenn du dich z.B. mal ausruhst oder nicht so produktiv bist....
Toxisch wird sie aus meiner Sicht nämlich dann, wenn jemand sich immer und immer weiter optimiert, ein Ziel nach dem anderen hinter her jagt, nur um dem jetzigen Zustand zu entfliehen, Anerkennung von Außen zu bekommen, seinem Selbst oder aus Hoffnung nach dem großen Glück....
Wenn du nicht okay mit dir selbst bist.
Das war etwa auch die Erfahrung, die ich gemacht habe, als ich mich das erste Mal mit Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt habe. Ich habe mich erstmal voll in die Optimierung gestützt, wollte ganz viel ändern, um besser im Außen mitzuhalten, mehr zu leisten, mehr Anerkennung zu bekommen, usw.
Meine innere Welt? War mir ein Fremdwort. Darum habe ich mich gar nicht gekümmert.
Wenn ich eine Sache heute anders machen würde als früher: Ich würde erstmal bei mir anfangen, mich neu entdecken, meine Stäken, Schwächen, Innereien Frieden und nicht - so wie ich es am Anfang gemacht habe - mich NUR im Außen und für das Außen zu optimieren. Um mehr Anerkennung von außen zu bekommen. Der Blick nach Innen und die Entdeckung & das Bewusstsein des Selbst ist in gewisser Weise auch Selbstoptimierung, nur eine andere Perspektive, die oft nicht mit der Optimierung als solche in Verbindung gebracht wird….
Und? Ist es Schwachsinn inneren Frieden zu kreieren? Die Beziehung zu sich zu stärken?
Und damit kommen wir auch schon zum Thema Selbstakzeptanz, das für eine harmonische Beziehung zu dir selbst ja ganz entscheidend ist.
SELBSTAKZEPTANZ = Die eigene Annahme & Akzeptanz, einschließlich der Stärken, Schwächen, Eigenschaften und Merkmale. Es beinhaltet die Anerkennung und Wertschätzung der eigenen Identität und des eigenen Wertes, unabhängig von äußeren Urteilen oder Standards. Selbstakzeptanz beinhaltet auch die Bereitschaft, sich selbst mit Freundlichkeit und Mitgefühl zu behandeln.
Wer schon die ein oder anderen YouTube-Videos von mir gesehen hat, weiß, dass Selbstakzeptanz einen großen Einfluss auf die Beziehung zu dir selbst, deinen inneren Frieden, dein mentales / emotionales Wohlbefinden, deinen Selbstwert, deine Entwicklung uuuuusw. hat. Ich könnte es rauf und runter predigen - es ist super wichtig.
ABER! Und das sage ich in aller Regel auch dazu: Sei trotzdem offen für Veränderung. Was kannst du so gar nicht verändern? Etwa deine Körpergröße. Ich bin z.B. 1,56 m und kann mich nicht größer machen. Es ist ein Teil von mir. Check.
Aber was, wenn wir anfangen Dinge zu akzeptieren, mit denen wir uns und unsere Gesundheit sogar schädigen? Wenn wir Beziehungen weiter aufrecht erhalten, die uns nicht gut tun oder gar missbräuchlich sein können? Was, wenn die Akzeptanz somit zur Ausrede oder Rechtfertigung wird?
Dann ist die Akzeptanz eben auch toxisch.
Du bist so wie du heute als Mensch bist wertvoll. Und doch darfst du besser werden. Du darfst an deinen Schwächen arbeiten, du darfst deine Persönlichkeit entwickeln, deine Träume angehen und tiefe Erfüllung anstreben.
Es gibt ein Zitat von dem japanischen Zen-Meister Shunrya Suzuki „you are perfect as you are and there is always room for improvement.“ und ich finde das trifft es zum Abschluss einfach gut.
Es geht um die Balance und das Warum hinter dem Tun (oder nicht tun).
Wenn du ALLES akzeptierst OHNE etwas für dich zu tun, etwas zu verändern geht wird’s toxisch. Wenn du dich selbst aber nicht akzeptierst und deinem Leben & Selbst durch ständige Optimierung entfliehst, ist es auch eher ein toxisches Muster.
Ich sage ja immer: Gerade im Internet, wo zu jeder Thematik, eine andere Meinung vorhanden ist, wird jeder Mensch die Antwort finden, die er sich wünscht.
Trotzdem hoffe ich, dass du hier in diesem Blogpost mal eine ausgewogene Sicht (am Ende auch "nur" meine Meinung) auf das Thema gewonnen hast und etwas für dich mitnehmen kannst.
Deine Franzi